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Claudia Hürtgen und ihr neues Projekt, Extreme E

Claudia Hürtgen ist eine der erfolgreichsten deutschen Motorsportlerinnen. In ihrer langen Karriere erzielte sie zahlreiche Erfolge, unter anderem gewann sie drei vom DMSB ausgeschriebene Tourenwagen-Meisterschaften und holte sich 2005 den Titel in Nürburgring Langstrecken-Serie auf der Nordschleife (früher VLN). Seit 2019 ist sie zudem Patin des DSK Women´s Club. Bei einem Online-Treff Anfang März, das der DSK Women’s Club für seine Mitglieder organisiert hatte, sprach sie ausführlich über ihr neues Projekt, Extreme E.

❓ Claudia, was ist Extreme E?

Extreme E startet dieses Jahr zum ersten Mal. Es ist eine Rennserie mit elektrischen SUV, ein ganz neues Konzept. 2021 wird es fünf Rennen geben. Das Besondere ist, dass an Orten der Welt Station gemacht wird, an denen die Auswirkungen des Klimawandels bereits sichtbar sind. Das erste Rennen findet Anfang April in Saudi-Arabien statt. Stationen im Senegal, in Grönland, Brasilien und Argentinien werden folgen. Die Umweltthemen, auf die der Fokus gelegt werden soll, sind z.B. Gletscherschmelze, Desertifikation und Plastikmüll in den Weltmeeren.

❓ Wie laufen die Rennen ab?

Die Rennen werden auf Offroad-Kursen ausgetragen. Dabei treten zuerst jeweils vier Teams gegeneinander an. Die Erstplatzierten der Gruppenphase ziehen in das Finale ein.

Zudem werden die Teams, auch erstmalig im Motorsport in diesem Bereich, zwingenderweise aus jeweils einem Fahrer und einer Fahrerin bestehen. Mein Teamkollege ist Mattias Ekström, wir fahren für das deutsche ABT-Sportsline Extreme E Team.

❓ Wieso hast du dich entschlossen, bei Extreme E mitzufahren?

Einer meiner früheren Ingenieure, der heute bei ABT als technischer Leiter arbeitet, kam auf mich zu und fragte, ob ich gerne einmal einen Offroad-Test machen möchte. Sie suchten nämlich eine Rennfahrerin für ein neues Projekt. Dass es sich um die Extreme E handelte, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Mein erster Offroad-Test in einem kleinen Buggy hat sehr viel Spaß gemacht. Kurz darauf kam dann die offizielle Anfrage von ABT, ob ich ein Teil ihres Extreme E Projekts sein möchte. Nach Rücksprache mit meinem Arbeitgeber, die BMW Group, bekam ich für dieses Projekt und die Zusammenarbeit mit ABT-Sportsline grünes Licht. Die Idee, Motorsport mit Umweltaspekten zu verknüpfen und so den Fokus auf bestimmte Probleme zu legen, finde ich sehr innovativ und spannend. Es macht mich sehr stolz, Teil dieses Projekts zu sein.

❓ Was für ein Auto wirst du bei der Extreme E fahren?

Es ist ein elektrischer Buggy oder auch SUV. Das Auto wurde in Frankreich von der gleichen Firma entwickelt und gebaut, die auch die ersten Formel E Fahrzeuge gebaut hat. Sie haben also sehr viel Expertise in diesem Bereich. Alle 10 Autos, die dieses Jahr bei den fünf Rennen an den Start gehen werden, haben Einheitschassis und -batterien sowie identische Elektromotoren. Es ist verständlich, dass viele Hersteller die Fahrzeuge selbst entwickeln bzw. weiterentwickeln möchten, doch das ist zumindest in der ersten Saison nicht geplant.

❓ Die Extreme E verknüpft Motorsport mit Umweltschutz, sozusagen als Weiterführung der Formel E. Ist das tatsächlich so?

Ja, der Umweltaspekt ist tatsächlich ein Schwerpunkt der Serie. Wir Fahrer haben hierzu bereits viele Informationen von der Organisation der Extreme E erhalten. Das ist wirklich interessant und ich lerne dabei auch viel.

Bei jedem der fünf Rennen wird ein anderer Fokus gesetzt, was den Umwelt- und Klimaschutz angeht. Im Vorfeld des ersten Rennens gibt es zum Beispiel eine Expedition zum Thema ‚Rettet die Schildkröten‘, an der mein Teamkollege Mattias Ekström teilnehmen wird.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass sich immer mehr Firmen dem Nachhaltigkeitsgedanken anschließen und Partner der Extreme E werden möchten. Beim ersten Test hatten wir zum Beispiel einen Scheibenreiniger, der unter ökologischen Gesichtspunkten entwickelt worden ist. Viele junge Start-ups sind hier interessiert, aber auch die etablierten Firmen spricht das Thema Umwelt und Innovation immer mehr an.

❓ Wie siehst du die Chancen für jemanden ohne großen Namen oder Budget, in einer Offroad-Serie Fuß zu fassen? Spielt hierbei auch das Alter eine Rolle?

Mein Motto ist es mein Leben lang gewesen, dass wenn ich etwas möchte, ich auch eine Chance habe. Zudem gibt es gerade bei Offroad meiner Meinung nach keine Einschränkungen durch das Alter. Im Gegenteil. In viele Offroad-Rennen muss man sich hinein entwickeln, hier spielt Erfahrung eine große Rolle. Mein Teamkollege Mattias Ekström ist hier das beste Beispiel. Er hat mit einem kleinen Budget an der Dakar-Rallye teilgenommen, um Erfahrungen in der Offroad zu sammeln. Das hilft ihm nun bei seiner weiteren Karriere. Auch im Rallye-Sport sieht man, dass man mit kleineren Fahrzeugen und kleinem Budget gute Chancen hat, auf sich aufmerksam zu machen und von den Herstellern wahrgenommen zu werden.

❓ Hilft der Aspekt, dass jedes Team aus einem Fahrer und einer Fahrerin zusammengesetzt ist, Frauen im Motorsport weiter nach vorne zu bringen?

Für mich ist es nichts Neues, dass ich mir ein Fahrzeug mit männlichen Kollegen teile. Das habe ich meine ganze Karriere lang gemacht. Neu bei der Extreme E ist, dass es zwingend vorgeschrieben ist. Aber die Aufmerksamkeit, die die Extreme E in den Medien bekommen wird und bereits bekommt, kann dazu beitragen, Frauen den Motorsport näher zu bringen. Hier wird unter anderem deutlich, wie viele erfolgreiche Fahrerinnen es bereits gibt. Ich freue mich auf jeden Fall, das Auto mit meinem Kollegen Mattias Ekström zu teilen und gemeinsam diese neue Rennserie anzugehen.

❓ Hat die Extreme E eine Zukunft?

Ja, das glaube ich ganz sicher. Unsere Welt verändert sich, und Umwelt- und Klimaschutz werden immer wichtiger. Der Motorsport muss sich dementsprechend weiterentwickeln und anpassen. Und wenn ich an die Anfangszeiten der Formel E denke, die sich ja auch erstmal einen Platz schaffen musste, dann mache ich mir keine Sorgen um die Extreme E.

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