Josephine Weinhold lebt und atmet Motorsport. Die 30-Jährige führt ihre eigene Motorsport-Agentur, studiert Motorsport-Management im MBA und fährt mit ihrem Vater zusammen in der Nürburgring Langstrecken-Serie. Nebenher schreibt sie noch für zahlreiche Motorsport-Publikationen. Sie ist Instruktorin und möchte speziell Frauen den Weg in den Motorsport ebnen. Wie genau sie das alles unter einen Hut bekommt, erzählt sie in diesem Gespräch.
Josephine, stell dich doch bitte kurz vor.
Ich bin Josephine Weinhold, 30 Jahre, studierte Journalistin. Aktuell studiere ich berufsbegleitend Motorsport-Management im MBA-Studiengang an der Nordschleife. Zusätzlich zum Studium arbeite ich in Vollzeit als Medienmanagerin. 2020 habe ich mich mit meiner Motorsport-Agentur, Racing24 by Weinhold, selbstständig gemacht. Unser Schwerpunkt ist die Organisation von Motorsport-Events in Berlin-Brandenburg in Verbindung mit unserer Racing24 Academy. Doch besonders die Fahrerentwicklung liegt uns am Herzen, weshalb wir auch Performance-Kurse wie „Media Training“ oder „Interview-Training“ anbieten. Seit 2016 bin ich zudem mit unserem Rennteam “Racing 24” an der Nordschleife unterwegs. Es ist wichtig für mich, die Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen zu können. Ich habe mit dem Rennteam in der Praxis angefangen, zusätzlich kam dann mit dem Motorsport-Studium die Theorie hinzu. Dies miteinander zu verbinden, ist für mich wie ein 6er im Lotto!
Wie bist du zum Motorsport gekommen?
Wie wahrscheinlich viele andere auch, durch meinen Papa. Er war und ist selbst im Motorsport aktiv, hat mich von klein auf mit an die Rennstrecke genommen, vor allem an die Nordschleife. Die „Faszination Nordschleife“ ist dann sehr schnell auch auf mich übergesprungen. Mit drei Jahren hatte ich schon den Schraubschlüssel in der Hand, ohne dass ich wirklich wusste, was ich damit machen sollte! Heute betreibe ich Motorsport zusammen mit meinem Vater, und dafür bin ich wirklich sehr dankbar. Die Motorsport-Agentur vereint die ganze Familie. Mein Bruder macht das Catering, die Mama hilft in der Organisation, es ist einfach ein Familienprojekt geworden, was uns für einen kurzen Moment wieder alle zusammenbringt.
Du hast also Motorsport zu deinem Beruf gemacht. Kann man das so sagen?
In meinem Beruf arbeite ich als Medien-Managerin, aber der Motorsport kam zuerst und ist meine Leidenschaft. Beruflich habe ich mit dem Journalismus-Studium angefangen, irgendwann kam die PR und Social Media hinzu. Seit 2014 schreibe ich zudem noch freiberuflich als Redakteurin für ein Motorsport-Magazin und berichte über die NLS sowie über das 24h-Rennen. Also kann man schon sagen, dass ich bei meinem Beruf den Motorsport immer in den Mittelpunkt gestellt habe.
Wie war dein sportlicher Werdegang?
Ich habe ganz klassisch mit dem Kartsport angefangen, bin dann zum Slalom-Sport in den ADAC Youngster Cup gewechselt. Dort war ich dann bei den deutschen Meisterschaften im Slalom. Danach ging es auf die Rundstrecke. Ich wollte immer weiterkommen im Motorsport, und hatte zum Glück meinen Vater, der mich auf jede mögliche Art und Weise unterstützt hat. Nach einem DSK-Training auf der Nordschleife hat mich der Motorsport- Bazillus dann komplett erwischt. Seit 2016 sind wir mit unserem Rennteam auf der Nordschleife unterwegs und fahren in der NLS-Serie. Die letzten Jahre waren wir in der RCN unterwegs, hatten aber immer den Traum „NLS“ vor Augen. Nach zahlreichen Klassensiegen und einen wunderschönen Klassensieg in Spa-Francorchamps, musste unser Herz aber weiter in die NLS ziehen.
Welche sportlichen Ziele hast du?
Mein Ziel ist das 24h-Rennen am Nürburgring. Ich habe meinem Vater versprochen, dass wir zumindest einmal im Leben zusammen das 24h-Rennen fahren, natürlich auf dem gleichen Auto. Mein Vater fährt immer den ersten Stint, ich dann den zweiten – das machen wir schon seit 2016 (lacht). So ein Vater-Tochter-Team ist schon was ganz Besonderes. Ich bin für jedes Rennen dankbar, welches wir gemeinsam bestreiten.
Wie ist es als Frau in einer Männerwelt?
Ich habe bisher noch keine wirklich negativen Erfahrungen gemacht. Ich finde sogar, es ist eher von Vorteil, als Frau im Motorsport unterwegs zu sein, vor allem was Partner oder Sponsoren angeht. Weil es immer noch relativ wenige Frauen im Motorsport gibt, hat man so oft einen höheren Marktwert. Aber im Auto haben wir alle den Helm auf und man sieht nicht, ob es ein Mann oder eine Frau ist.
Als ich Kart gefahren bin, sah man das schon eher. Ich bin 1,58 m und wiege 45 kg, bin also eher zierlich. Da habe ich früher dann schon mal ein paar seltsame Bemerkungen bekommen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass nur die Leistung zählt. Und wenn du so lange im Motorsport bist, hast du irgendwann ein sehr dickes Fell (lacht). Manche sagen, als Frau muss man sich mehr beweisen als Männer, aber das sehe ich differenzierter. Man hat seinen Erfolg selbst in der Hand. Es kommt auch immer auf deine innere Einstellung an. Ich fühle mich sehr wohl in der Motorsportwelt.
Würdest du sagen, dass sich das Verhalten der Männer gegenüber den Frauen in den letzten 10 Jahren geändert hat?
Ja, es hat sich schon viel geändert. Vor 20 Jahren war eine Frau im Motorsport wirklich etwas Seltenes, heute finde ich das schon normal. Ich finde auch, dass sich das Verhalten der Männer geändert hat und man heute auf Augenhöhe anerkannt wird – wenn man mit Leistung brilliert.
Glaubst du, dass Vereinigungen wie der DSK Women’s Club mehr Frauen den Weg in den Motorsport ebnen können?
Eine Institution, wie den DSK Women’s Club finde ich super, weil es den Frauen den Support bietet, den man im Motorsport braucht. Das muss man schon ganz klar so sagen. Ich bin ja selbst als Instruktorin auf der Rennstrecke unterwegs und höre oft: “Josephine, ich möchte, dass du meine Instruktorin bist, weil du mich einfach besser verstehst als ein Mann.” Deshalb biete ich, auch zusammen mit dem DSK, Trainings für Ladies an.
Welche Tipps würdest du anderen Frauen geben, die im Motorsport starten wollen?
Der DSK ist ein sehr guter Einstieg. Bei einem Track Day kann man langsam und in einem sicheren Umfeld starten. Sicherheit ist im Motorsport sehr wichtig. Deshalb appelliere ich: “Geht bitte nicht zu den Touristenfahrten auf der Nordschleife, sondern bucht euch beim DSK ein. Denn viele, egal ob Mann oder Frau, fragen sich oft, wie sie anfangen, an wen sie sich wenden können. Ich weiß, dass nicht jeder das Glück hat, so einen unterstützenden Papa, wie ich zu haben. Wenn ich meinen Vater nicht gehabt hätte, weiß ich nicht, wie und ob ich angefangen hätte, so intensiv Motorsport zu betreiben und es zu meinem Lebenselixir zu machen. Mein Rat wäre also, in einem Motorsport-Verein zu beginnen und sich im Idealfall einen Mentor zu suchen.
Hast du spezielle Frauenprojekte in Planung?
In der Region Berlin-Brandenburg bin ich sozusagen die DSK-Anlaufstelle. Denn hier hat der DSK noch keinen Standort und zudem gibt es in dieser Gegend so gut wie gar keinen Motorsport. Deshalb organisieren wir mit Racing24 seit diesem Jahr am auch DSK-Track Days in Berlin-Brandenburg. Autos und Motorräder, für Gentlemen und Ladies – wir wollen Motorsport für jeden zugänglich machen, da wir ein großes Herz für den Breitensport haben.
Am 22.07.2022 findet der erste Track Day auf dem Spreewaldring statt! Buchen können ihn DSK-Mitglieder zum Vorzugspreis sowie „Nicht DSKler“.Einfach eine Mail an: home@racing-24.com oder über stc-motodrom.de. Wir freuen uns über jeden Motorsportler in Berlin-Brandenburg!