Laura Luft ist im Hauptberuf Event-Managerin und organisiert Kongresse und Events. Von klein auf liebt sie jegliche Art von Motorsport. Selbst aktiv hinter dem Steuer saß sie erst relativ spät, mit 24 Jahren. Da fing sie mit Kartsport an und erkämpfte sich selbst ihren Weg ins Rennauto. Sie hat eine Instruktoren-Ausbildung abgeschlossen, und ist zudem seit drei Jahren Kommentatorin bei internationalen Sim-Rennen und Streckensprecherin bei realen Rennen. Was die quirlige 37-Jährige sonst noch alles so macht und was sie jungen Mädchen rät, die im Motorsport Fuß fassen wollen, erzählt sie in diesem Interview.
Laura, wie bist du zum Motorsport gekommen?
Ich habe den Motorsport mit 10 Jahren im Fernsehen entdeckt. Ich war sofort begeistert und habe dann alles geschaut, was es so an Motorsport im TV gab. Meine Eltern fanden das eher befremdlich, und als ich ihnen erklärte, dass ich Motorsport ausüben möchte, haben sie an eine Laune gedacht, die schon wieder vorbeigehen würde. Tat sie aber nicht.
Es hat dann aber noch bis zu meinem 24. Lebensjahr gedauert, bis ich endlich selbst aktiv in den Motorsport einstieg: genau genommen in ein Kart. Zu dem Zeitpunkt verdiente ich mein erstes eigenes Geld und konnte so meine ersten Rennen bestreiten. Gleich im zweiten Jahr in der Outdoor AVD Kart-Meisterschaft wurde ich mit dem Team Dritte. Danach bin ich hauptsächlich in der Langstrecke im Outdoor Karting angetreten, auch international, und konnte das 24h-Rennen im Kart gewinnen.
Bis 2016 hatte ich im Kart-Sport viel erreicht und sogar bei den Kart-Weltrekord-Rennen über 77 und 99 Stunden teilgenommen. Aber ich wollte schon immer ins Rennauto steigen. Ich entschied mich aufgrund der Bezahlbarkeit anfänglich für den Dacia Logan Cup. Nach 10 Rennen war mir allerdings klar: ‚Das ist nicht mein Ding, ich will auf die Nordschleife!‘ So stieg ich 2017 in die RCN ein. Leider reichte es immer nur für einzelne Rennen, denn ich musste mir alles selbst finanzieren. 2019 wechselte ich in die VLN, fuhr die für die Permit A notwenigen drei Rennen, um dann 2020 das 24h-Rennen zu bestreiten. Dann kam Corona, und so habe ich diesen Plan auf 2022 verschoben, denn ich möchte unbedingt vor Fans fahren und diese einmalige Atmosphäre erleben.
Du bist untypischerweise recht lange Kart gefahren. Wieso?
Kartfahren hat mir immer Spaß gemacht. Ich fuhr in tollen Teams und hatte Erfolge. Und zudem war es bezahlbar. Und um die nächsten Schritte im Motorsport zu gehen, musste ich nicht nur wissen, wie ich den Umstieg am besten machen konnte, es musste auch in meinen Budgetrahmen passen. Somit musste ich noch etwas länger dafür arbeiten.
Du bist neben deinem Hauptberuf auch Kommentatorin bei Sim-Rennen und Streckensprecherin bei realen Rennen. Wie kam es dazu?
Seit 2018 kommentiere ich Sim-Rennen, anfänglich beim ADAC Digital Cup, heute auch bei internationalen Rennen für die Ladies: ‚The Sim Grid‘. Als ich als Kommentatorin im Sim-Racing anfing, war ich die erste deutsche Frau. Mein Interesse entstand zufällig, als bei mir in der Nähe eine Bar aufmachte, wo man Sim-Rennen fahren konnte. Ich fand es ziemlich cool, die Nordschleife in einem Motion-Simulator zu fahren! Der Geschäftsführer der Bar fragte mich irgendwann, ob ich nicht Lust hätte, zu kommentieren, und so fing alles an. Zudem bin ich auch seit diesem Jahr als Streckensprecherin für die DMV-Rennen an den Rennstrecken unterwegs und freue mich, dass ich viele verschiedene Rennen in real und virtuell kommentieren kann.
Welche sportlichen Ziele hast du?
Wie gesagt, ich möchte 2022 das 24h-Rennen am Nürburgring fahren. Darüber hinaus habe ich ganz viele Ziele, aber das hängt viel von meinen finanziellen Möglichkeiten ab. Die 24h-Series mit Rennen u.a. auch in Dubai zu fahren, das wäre schon toll, keine Frage. Und wenn alles klappt, fahre ich nächstes Jahr die 25 Stunden von Spa. Langstreckensport passt zu mir und macht mir Spaß. Sprintrennen würde ich auch gerne ausprobieren, aber hier muss ich realistisch bleiben. Das ist sehr teuer und auch eine größere Umstellung, wenn man aus der Langstrecke kommt.
Wie ist es als Frau in einer Männerwelt?
Ich bin tatsächlich zurzeit die einzige Frau in meinem realen Rennteam. Es gab immer mal ein paar andere Frauen im Team, aber wir sind nie gleichzeitig in einem Auto gefahren. Mit den Jungs in meinem Team komme ich super gut aus. Klar, es gibt auch mal einen blöden Spruch, und am Anfang wird man nicht immer ernst genommen. Aber wenn man Leistung zeigt, dann bekommt man auch Respekt und entwickelt ein dickes Fell. Da kann mich nichts mehr schockieren (lacht).
Würdest du sagen, dass sich das Verhalten der Männer gegenüber den Frauen in den letzten 10 Jahren geändert hat?
Sagen wir mal so: Die Dinge ändern sich langsam, aber da ist noch viel Luft nach oben. Es gibt immer noch viele Chauvi-Sprüche wie ‚Die Frauen gehören an den Herd, nicht hinters Steuer‘. Dieses Verhalten kann man auch gut auf den Social Media Kanälen der Fahrerinnen verfolgen. Obendrein denken die Männer auch oft, dass wir Frauen bevorteilt werden, dass wir es zum Beispiel leichter haben, Sponsoren zu gewinnen. Das ist natürlich völliger Unsinn und eher umgekehrt, denn wir müssen meist viel härter für den nötigen Respekt arbeiten oder auch für große Sponsor-Deals.
Glaubest du, dass Vereinigungen wie der DSK Women’s Club mehr Frauen den Weg in den Motorsport ebnen kann?
Ja, absolut. Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass Frauen Interesse am Motorsport haben, sich aber nicht trauen, einen Mann zu fragen, sei es, wie man im Motorsport weiterkommt oder auch nur nach Fahrtipps. Genau aus diesem Grund habe ich die Instruktoren-Ausbildung bei BMW gemacht. Ich hatte dort in meinen Lerneinsätzen auch eine komplette Frauengruppe und wurde mit Fragen gelöchert. Die Frauen waren froh, klare Antworten zu bekommen und auch mal Fragen stellen zu können, die sie Männern vielleicht nicht stellen würden. Und ich bekomme über die sozialen Medien oder auch über das Sim-Racing so viele Fragen von Mädchen zum Motorsport. Es freut mich, dass ich hier helfen kann, von Frau zu Frau sozusagen. Es ist so wichtig, gemeinsam mehr zu erreichen, als sich gegenseitig auszubremsen.
Welche Tipps würdest du anderen Frauen geben, die im Motorsport starten wollen?
Mittlerweile ist der Kart-Sport so teuer geworden, dass ich jungen Mädchen fast eher raten würde, mit dem Sim-Racing anzufangen. Hier gibt es fast keine Altersbeschränkungen, du kannst dich jederzeit mit jedem messen, du musst nicht erst 50.000 oder mehr Euros investieren. Und vor allem kannst du vom Sim-Racing gleich ins Auto, wenn das dein Ziel ist. Wenn man kann, ist es natürlich gut, so früh wie möglich mit dem Kart-Sport anzufangen. Aber wie gesagt, es ist auch immer eine finanzielle Frage und Sim-Racing ist einfach ein super Training, immer einsatzbereit und auf längere Sicht zielführender, um ins Rennauto zu steigen, gemessen an den unbegrenzten Möglichkeiten auf den diversen Simulationsplattformen.
Gibt es noch etwas, das man unbedingt beachten sollte, wenn man Motorsport professionell ausüben möchte?
Es ist sehr wichtig, sich realistische Ziele zu setzen. Am Anfang sagen die meisten, ihr Ziel ist die Formel 1. Das klappt natürlich nur für sehr wenige. Zudem haben viele auch keine Vorstellung davon, was Motorsport kostet. Wer kann sich heutzutage noch ein Formel 4-Cockpit leisten? Also sollte man sich fragen: Was will ich wirklich machen? Eher Langstrecke, eher Sprint? Wo sind meine Interessen und Stärken? Und dann linear die Karriere darauf aufbauen. Nicht von A nach B springen. Transparenz und Anlaufstellen sind wichtig, damit man weiß, was ist der nächste realistische Schritt für mich. Und eine letzte Sache, die oft vergessen wird: Wenn man sich im Motorsport eine Karriere aufbauen will, kostest das außer Geld auch viel Zeit. Neben dem Sport und der Technik muss auch das kommunikative Umfeld stimmen, soziale Medien, Webseite, Sponsorensuche, Medienverständnis und vor allem das richtige Netzwerk. Und das Allerwichtigste zum Schluss: Bleib du selbst und lass dich nicht verbiegen!