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Lebensversicherung auf vier Rädern

1970 war das Geburtsjahr des ersten Krankenwagens, der an der Rennstrecke eingesetzt wurde und die Sicherheit im Motorsport nachhaltig positiv beeinflussen sollte. Möglich machte dies der Deutsche Sportfahrer Kreis e.V., der sich seit seiner Gründung im Jahre 1958 für mehr Sicherheit im Motorsport einsetzt. Von der Idee, einen Rettungswagen an die Rennstrecke zu bringen, bis zum ersten Einsatz, vergingen etwas mehr als fünf Monate.

Dass, was heute bei jeder Slalom-Veranstaltung zum Standard gehört, war damals alles andere als normal. Initiatoren des Projekts waren der damalige DSK-Präsident Bodo Grafenhorst, Vizepräsident Hans Schwägerl und Dr. Eduard Rothenfelder – Arzt in der Unfallklinik Mannheim, Motorsportfan und in der Szene wohl bekannt. Die Initialzündung kam von Dr. Rothenfelder, der 1969 bei einer Sitzung des Präsidiums über die schlechte medizinische Versorgung bei Rennsport-Veranstaltungen referierte und passende Gegenmaßnahmen vorschlug. Dass sich der Wunsch nach mehr Sicherheit so schnell in die Tat umsetzen ließ, ahnte damals noch niemand.

Auf der Internationalen Automobilausstellung in Genf wurde man noch im gleichen Jahr auf einen Rettungswagen – damals nannte man ein solches Fahrzeug noch Clinomobil – aufmerksam. Nach ausgiebiger Besichtigung war man sich schnell darüber einig, dieses Fahrzeug für 50.000 DM zu kaufen und an den Rennstrecken in Deutschland einzusetzen. Die Finanzierung deckten Spenden von Mitgliedern und der Industrie. Bis zum ersten Einsatz mussten aber noch einige Hürden genommen werden, denn damals wie heute dürfen Rettungswagen nicht „einfach“ eingesetzt werden. Gemeinsam mit dem Mannheim-Heidelberger-Sports-Touring-Club, Dr. „Edi“ Rothenfelder und der Johanniter Unfall Hilfe Mannheim fand man schnell eine Lösung: Die Johanniter wurden Betreiber des Rettungswagens und die Weichen für mehr Sicherheit im Motorsport waren gestellt.

Premiere feierte der Rettungswagen vom 29. bis 31. Mai 1970 beim 1000-Kilometer-Rennen am Nürburgring. Von seinem Standort Breitscheid in Adenau aus sorgte das „Clinomobil“ zum ersten Mal auf einer deutschen Rennstrecke für mehr Sicherheit. Nach 44 Runden gewannen übrigens Vic Elford und Kurt Ahrens Jr. im Porsche 908/03.

Im Premierenjahr hatte das Team 20 Einsätze auf Rundstreckenrennen, Bergrennen und Rallyes. Am Ende des Jahres wurde der Rettungswagen auf der Essen Motor Show, vormals Rennwagen-Ausstellung, ausgestellt. In der Motorsport-Szene war er unter dem Namen „Mannheimer Lebensversicherung“ bekannt. Passend dazu war das Nummernschild: MA-LV 547. In den Folgejahren leisteten der Wagen und seine Besatzung nicht nur Dienst an deutschen Rennstrecken – auch im europäischen Ausland forderte man die „Lebensversicherung“ für Rennen an – auch für Formel-1-Rennen. 1973 übergab der Deutsche Sportfahrer Kreis das Fahrzeug an die ONS als Ergänzung des Rennstrecken-Sicherungs-Programms. Zwei Jahre später fuhr der erste Rettungswagen in der Motorsportgeschichte nach über 14.000 Dienststunden und dem dritten Austauschmotor seinen letzten Einsatz.

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